Hubertus Busch und Inge Bassi

 

Hubertus Busch im Gespräch mit Inge Bassi

„Das Interview“

 

Hallo Inge, herzlichen Dank, dass wir Dich heute hier in der Eifel besuchen dürfen. Dein Geburtsort ist in der Nähe des Bodensees. Warum hast Du Dein Elternhaus dort verkauft und bist hier in die Eifel nach Oberpierscheid gezogen?

Meine ersten drei Meutehunde aus dem Versuchslabor waren der Anlass, dass ich im Jahr 2003 Kontakt zu einem badischen Meutehundebesitzer bekam, den ich besuchen konnte. Er ließ mich in den Zwinger zu 25 Hunden – Grand Anglo-Francais Tricolore – der Wendepunkt meines Lebens. 25 Hunde drängten sich an mich, strahlten mich an und alle wollten von mir berührt werden.

Schon auf der Heimfahrt beschloss ich, mich eines Tages um die ausgedienten Hunde aus dieser Meute zu kümmern. Anfang 2005 überschlugen sich die Ereignisse: ich bekam den 5. Laborhund, dann einen Pflegehund und plötzlich zeichnete sich noch ein 6. Laborhund ab. Kurz bevor meine Mutter im März verstarb, begann ich eine neue Bleibe zu suchen, denn für inzwischen 7 Hunde waren Haus und Garten einfach zu klein. Das Glück lachte mir, ich fand hier bei Oberpierscheid ein Haus mit knapp 6000 qm Garten und bereits im Mai 2005 zog ich hier ein.

Inge, wie ist es zu erklären, dass - wenn man von Laborhunden spricht - in erster Linie nur den Beagle kennt?

In Deutschland sind große Pharma- und Chemiekonzerne in der Forschung vorherrschend. Diese Firmen testen Wirkstoffe für Medikamente und andere chemische Substanzen. Dazu werden in erster Linie Beagle genommen – weil sie eine handliche Größe haben, nicht viel Platz beanspruchen, sehr sozial sind und in Gruppen gehalten werden können. Der Hauptgrund aber ist ihr reiner Stoffwechsel, der von Laborbeagle zu Laborbeagle nicht abweicht und der in den USA dieselben Testkriterien schafft wie in Europa.

Warum nutzt man überhaupt Foxhounds bzw. Meutehunde mit einem solchen Einschlag, wobei ja auch viele  französische Rassen mit eingekreuzt wurden?

 Die großen Meutehunde wurden in der Implantationschirurgie, also Hüftgelenke, Zähne etc., in der Herzchirurgie für Herzschrittmacher, in der Tumorforschung und in der Wachstumsforschung hauptsächlich in Universitätskliniken verwendet. Die Gründe sind in etwa dieselben wie bei den Beaglen.

Gibt es in Deutschland noch Tierversuche an Hunden oder sind diese mittlerweile verboten?

Leider gibt es noch Tierversuche an Hunden und sie beschränken sich beileibe nicht nur auf Beagle und die großen Meutehunde, ich weiß auch von Labradors, Schäferhunden und anderen Rassen. Speziell für Laborversuche hatte Böhringer Ingelheim den inzwischen bekannten FBI gezüchtet, eine besondere Mischung aus Foxhound, Boxer und Labrador, die auch von Harlan Winkelmann, einem Labortiere-Züchter in Paderborn, gezüchtet wurden.

Mir ist zum Beispiel auch bekannt, dass der TÜV München Beagle im Abgastest einsetzte oder das heute noch tut.

Sind Tierversuche aus Deiner Sicht überhaupt notwendig oder kennt man in Deutschland keine Alternativen?

Ich bin absolut gegen Tierversuche, heute darf ich endlich dazu Stellung nehmen, da ich bei keiner Laborbeagle-Vereinigung mehr mitarbeite. Es gibt genügend Alternativen, seltsamerweise wird überall in anderen Forschungsbereichen mit Computersimulation oder mit Zellen gearbeitet. Der TÜV Rheinland hat sehr effektive Alternativen entwickelt.

Aber solange das Labortiere-Geschäft weltweit ein Milliarden-Geschäft ist und man den entsprechenden Laboren genügend Wohltaten angedeihen lässt, wird sich wenig daran ändern.

Und sollte der deutsche Gesetzgeber oder auch der europäische sich zu einem Verbot durchringen, dann gehen die Forschungsaufträge eben noch mehr ins außereuropäische Ausland, und was dort mit den Tieren passiert, ist mit normalem Verstand nicht mehr zu begreifen.

Die Mehrzahl Deiner Hunde sind Laborhunde bzw. Versuchstiere. Einige andere Hunde sind ehemalige Meutehunde, die „jagduntauglich“ geworden sind. - Inge, wie wird ein Meutehund jagduntauglich?

Man muss sich vorstellen, dass aus einem Wurf höchstens die Hälfte der Hunde mit einem Jahr Interesse zeigt, mit der Meute zu laufen. Manche laufen vielleicht 4 Jahre mit, verlieren dann aber auch das Interesse und gehen eigene Wege. Andere sind alt – ein Meutehund ist eigentlich mit circa 9 Jahren verbraucht, wenn er während der Jagdsaison regelmäßig seine Schleppen läuft. Dann gibt es noch die ehemaligen Leithunde, die von der Meute irgendwann abgesetzt werden und dies nervlich nicht mehr verkraften, auch sie laufen nicht mehr mit. Ja und dann werden auch diese Hunde unter Umständen krank oder haben eine Verletzung, die sie in den Ruhestand zwingt.

Inge, viele Tiere weisen durch eine nicht artgerechte Haltung Verhaltensstörungen auf. Es ist manchmal nur schwer zu erraten was sie mitgemacht haben, und auch Du brauchst manchmal sehr lange, bis sie begreifen, dass sie Dir vertrauen können. Es ist ja nicht die Zeit, die Wunden heilt, sondern Deine Art mit Hunden um zu gehen. Aber wie gelingt es Dir, die Neuankömmlinge, die teilweise nur Boxen kennen, sich nur über Fliesen bewegen und den Garten aus Unkenntnis meiden, in dieses bestehende Rudel aus Rüden und Hündinnen zu integrieren?

Der bereits erwähnte Meutehalter hat mich darauf hingewiesen, dass ich die Gabe besitze, mit diesen Hunden sofort in Kontakt zu treten, seine Hunde vertrauten mir sofort. Glücklicherweise lässt sich das auch von meinen Laborhunden sagen. Bis auf einen hat es nie länger als eine halbe Stunde gedauert, bis sie sich mir völlig anvertrauten, obwohl sie mit Menschen nicht die besten Erfahrungen gemacht haben. Jay-Jay, die einzige Ausnahme, war auch sofort anhänglich und verschmust, aber Ohrenpflege etc. war unmöglich – er war aus der Tumorforschung schwer traumatisiert und hatte auch schon einen Menschen furchtbar gebissen. Nach drei Jahren ist er jetzt ziemlich stabil und sucht auch Schutz bei mir.

Die Umwelt kennen lernen müssen Meute- und Laborhunde gleichermaßen. Beide kennen keine Wohnung, sind nicht wohnungssauber, man muss sie behandeln wie große Welpen – mit Geduld und viel Humor.

Die Meutehunde haben wenigstens Namen und eine Meuteausbildung, die Laborhunde sind nur eine Nummer. Aber auch das alles geht schnell, wenn schon andere Hunde da sind, an denen sie sich alles abschauen.

Die Integration ist nur deswegen einfach, weil diese Rasse ihre Rassegenossen erkennen – wenn ich versuchen würde, zum Beispiel einen Schäferhund zu integrieren, dann könnte es auf die Dauer zu Problemen kommen. Ich habe das Gefühl, Meute- oder auch Laufhunde haben eine zusätzliche Art von Kommunikation, die von Hüte- und Schutzhunden nicht erkannt wird.

Inge, hier in Deiner Tieroase leben Hunde, die niemand mehr haben will und deren Lebenserwartung manchmal nur noch wenige Monate oder vielleicht ein Jahr ist. Die kurze Zeit, die diesen Tieren noch verbleibt, gestaltest Du ihnen sehr lebenswert. Ist die Tieroase so etwas wie ein Hospiz für Hunde?

Ja, denn ich möchte, dass sie geliebt und umsorgt in meinen Armen zuhause sterben dürfen. Der Verein FAR FROM FEAR, der sich hauptsächlich um Galgos und Greyhounds kümmert, prägte den Begriff „Those who die in love“ – die in Liebe sterben – das ist auch mein Herzenswunsch.

Wann warst Du eigentlich das letzte Mal in Urlaub?

Das weiß ich noch genau – ich verbrachte Weihnachten und den Jahreswechsel 1995/96 in der Serengeti in Tansania. Oh, und mit den ersten drei meiner Hunde war ich 2001 noch eine Woche in Dänemark – 6 Tage Erziehungsurlaub für Hunde. Aber habe ich hier nicht jeden Tag mit meinen Hunden Urlaub?

Was bedeutet für Dich Glück?

Es gibt ein Gedicht über Glück von Clemens Brentano, darin sind alle meine Glücksmomente ganz wunderbar beschrieben.

Das höchste Glück in meinem jetzigen Leben aber ist der frühe Morgen kurz nach dem Aufstehen: Gegen 6 Uhr trinke ich meine ersten Tasse Kaffee – schon kommen meine Hunde einer nach dem anderen aus dem Schlafzimmer nach, noch ganz verschlafen mit kleinen Augen, auf der Suche nach Frauchen. Die Freude in den Hundegesichtern, wenn sie mich dann sehen und schnell eine Packung Schmusen abholen, um anschließend völlig erschöpft auf einer Couch oder in einem Sessel zusammen zu brechen und weiter zu schlafen, das ist für mich Glück in Großbuchstaben, Kraft für den ganzen Tag.

Ich darf, ohne dass Du mir böse bist, erwähnen, dass Du Rentnerin bist und sicherlich bis heute auch noch nicht im Lotto gewonnen hast. Die meisten Deiner Hunde benötigen kontinuierliche tierärztliche Untersuchungen, Diätfutter und Medikamente. Wie kann man Dir helfen bzw. Dich bei Deiner Arbeit unterstützen?

Das große Los habe ich zwar schon gezogen, aber nur in Form meiner geliebten Hunde. Ich sage immer, sie sind mir lieb und teuer, teuer leider auch in finanzieller Hinsicht. Jeder, der einen Hund hat, weiß, was er kostet – bei mir kommt dazu, dass es sehr große Hunde sind und dass es 11 Exemplare davon gibt – bald werden es 13 sein.

Helfen kann man mir, indem man eine Patenschaft übernimmt oder aber durch Spenden einen Teil meiner Kosten abfedert.

Ich bin auch dankbar für jedes freundliche Wort und jede Aufmunterung, nur lassen sich davon leider keine Tierarztrechnungen bezahlen.

Januar 2008